Angehörige

Angehörige und Zugehörige sind mehr als nur Verwandte und Freunde – sie sind Expert:innen im Leben der Bewohnenden. Binden Sie diese Menschen als kompetente Partner:innen in Ihre Institution ein, schaffen Sie einen Mehrwert für alle: Die Versorgungsqualität steigt, die Kosten sinken und die Zufriedenheit aller Beteiligten wird gestärkt.

6 Gründe, weshalb es sich lohnt, in die Partnerschaft mit Angehörigen zu investieren

  1. Sie lernen den individuellen Charakter Ihrer Bewohnenden kennen: Führen Sie beim Eintritt ein Gespräch mit den Angehörigen zu den Präferenzen und Eigenheiten der Bewohnenden. Diese Informationen können Sie aktiv für eine individualisierte Pflege und Betreuung nutzen – und steigern damit die Versorgungsqualität. Aktualisieren Sie das Dossier über die Person regelmässig.
     
  2. Sie ermöglichen den Bewohnenden eine kontinuierliche, soziale Einbettung: Über Angehörige mit dem eigenen sozialen Netzwerk verbunden zu bleiben, schafft Kontinuität. Diese Kontinuität wirkt sich positiv auf das emotionale Wohlbefinden aus. Insbesondere bei Wechsel in neue Betreuungssettings können Angehörige durch ihre Anwesenheit stark unterstützen.
     
  3. Sie können Entscheide zu medizinischen Angelegenheiten abholen: Gemäss Erwachsenenschutzrecht haben Angehörige bei urteilsunfähigen Bewohnenden – zum Beispiel einer Person mit stark fortgeschrittener Demenzerkrankung – das Recht und die Pflicht, bei medizinischen Massnahmen, wie lebenserhaltenden Massnahmen, letzte Entscheidungen zu treffen (sofern keine gesundheitliche Vorausplanung der Bewohner: in vorhanden ist).
     
  4. Sie gestalten für Ihre Bewohnenden eine würdevolle letzte Lebensphase: Bewohnende in der letzten Lebensphase würdevoll zu begleiten, fällt leichter, wenn Angehörige mitwirken – insbesondere, wenn diese wissen, was für die Person im Umgang mit Sterben und Tod wichtig ist, zum Beispiel eine:n Seelsorger:in aufzubieten. Zudem können Angehörige bei der gesundheitlichen Vorausplanung, wie dem Ausfüllen einer ärztliche Notfallanordnung, unterstützen und beratend zur Seite stehen.
     
  5. Sie steigern die Zufriedenheit aller Beteiligten: Eine gute Zusammenarbeit mit den Angehörigen führt zu einer erhöhten Versorgungsqualität und Bewohnendenzufriedenheit, was wiederum zu einer vollen Auslastung beitragen kann, sowie zu einer erleichterten Rekrutierung von Mitarbeitenden und Freiwilligen.
     
  6. Sie nutzen Schlüsselfunktionen in der interprofessionellen Zusammenarbeit: In der integrierten Versorgung sind Angehörige ein integraler Teil des interprofessionellen Teams – das heisst, ihre Ressourcen (häufig auch ihre Schnittstellenfunktion) werden gezielt genutzt, ohne sie zu überlasten.
     

Hier finden Sie konkrete Tipps zum Umgang mit Angehörigen:

So verankern Sie die Angehörigenarbeit in Ihrer Institution

  • Angehörigenarbeit strategisch verankern
    Die Leitung formuliert die klare Haltung, dass die Zusammenarbeit mit Angehörigen zum Auftrag aller Fachpersonen gehört. Sie nimmt den Grundsatz in die strategischen Steuerungsinstrumente und ins Leitbild auf, und kommuniziert diese gemeinsam mit der Pflegedienstleitung an die Fachpersonen.
     
  • Angehörigenarbeit kulturell verankern
    Die gesamte Belegschaft wird abgeholt und erkennt den Mehrwert, den die Angehörigenarbeit für die Versorgungsqualität schafft. Mitarbeitende werden geschult und im Austausch mit Angehörigen gefördert.
     
  • Angehörigenarbeit in die operative Organisationsstruktur und Arbeitsprozesse integrieren
    Je nach Auftrag, Zielgruppe und Personal (skill mix) einer Institution eignen sich unterschiedliche Strukturen, um die Angehörigenarbeit zu verorten:
    • Themenhüter definieren
    • Beschwerdemanagement einführen, sofern nicht vorhanden
    • Aufgaben und Zuständigkeiten in Bezug auf Angehörigenarbeit und Beschwerdemanagement definieren
    • Arbeitsinstrumente zur Verfügung stellen
    • Spezialisierte Dienste in Strukturen aufbauen (z.B. Sozialdienst, Angehörigensupport, Austrittsmanagement)
    • Abläufe und Prozesse definieren (z.B. Zeitressourcen für Angehörigenarbeit)
       
  • Rolle der Angehörigen im Versorgungsnetzwerk klären
    Damit Angehörige als kompetente Partner:innen agieren können, müssen sie wissen, welche Rolle sie in der Institution und im Pflegenetzwerk übernehmen können. Zum Beispiel: Wer kommuniziert was mit der Hausärztin? Übernehmen Angehörige pflegerische Aufgaben, müssen diese genau geregelt und mit allen Beteiligten abgesprochen sein. Erste Priorität haben stets die Versorgungsqualität und Patientensicherheit.
    • Klären Sie die interprofessionelle Zusammenarbeit mit Akteuren an den wichtigsten Schnittstellen (z.B. Ärzteschaft), damit für betreuende Angehörige keine Beratungslücken entstehen
    • Regeln Sie die Rahmenbedingungen der Angehörigenarbeit (z.B. Datenschutz, Rechte / Pflichten)
       

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Lesetipp

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