15.03.2024

STELLUNGNAHME | Entwurf zur Revision des BehiG hat viel Luft nach oben

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) ist seit 20 Jahren in Kraft. Nun will der Bundesrat eine Teilrevision durchführen. Die Vorlage strebt für Arbeitsverhältnisse sowie für Dienstleistungen ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot an. ARTISET und INSOS sind skeptisch, dass sich mit dem präsentierten Konzept der angemessenen Vorkehrungen die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung nachhaltig fördern lässt.  

Nach der Ankündigung des Bundesrats zur Behindertenpolitik im März 2023, dass Arbeitgebende verpflichtet werden sollten, zumutbare Massnahmen zu treffen, damit Mitarbeitende mit Behinderung gleichgestellt einer Arbeit nachgehen können, erstaunt der eingeschlagene Weg. Es wurde allgemein eher mit klaren Vorgaben bis hin zu einer Quotenregelung gerechnet als mit einem Konzept von angemessenen Vorkehrungen im Einzelfall. 

Konzept der angemessenen Vorkehrung 

Der Kern dieses Konzepts bildet ein Aushandlungsprozess zwischen Menschen mit Behinderung und Arbeitgeber:innen bzw. Dienstleister:innen. Angemessene Vorkehrungen für den konkreten Einzelfall sollen eine Diskriminierung vermeiden, aufheben oder Benachteiligungen verringern. Immer vorausgesetzt die zu treffende Vorkehrung ist im konkreten Fall für Arbeitgeber:innen angemessen und zumutbar. Falls sich die Parteien nicht einigen können, besteht die Möglichkeit, die Gerichte urteilen zu lassen.  

Das vorgeschlagene Konzept schafft weniger Klarheit als vielmehr Rechtsunsicherheit. Die Regelung beinhaltet unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Bedeutung und Tragweite in der Folge wohl erst durch gerichtliche Auslegung zu ermitteln sind. Es ist ungewiss, welche Dynamik und welche Auswirkungen mit diesem unscharfen Rechtsbegriff produziert werden. 

Abbau von Benachteiligungen am Arbeitsplatz und Förderung der Arbeitsintegration gehören zusammen 

Für ARTISET und INSOS ist nicht nachvollziehbar, weshalb zwei sich bedingende Rahmenbedingungen isoliert voneinander betrachtet werden sollen. Eine stärkere Zusammenführung der Anstrengungen für ein Verbot von Diskriminierung und des Abbaus von Benachteiligungen am Arbeitsplatz braucht zwingend eine direkte Verknüpfung mit der Förderung der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung.