Gesamtarbeitsverträge (GAV)

Die stationären Institutionen sind mehr denn je darauf angewiesen, attraktive Arbeitgeber zu sein. Die Prognosen bezüglich des Personalbedarfs sind hinlänglich bekannt, der Arbeitsmarkt für Pflegefachkräfte HF/FH ist ausgetrocknet.

Arbeitsbedingungen müssen ausgehandelt werden. Die Trägerschaften sind in der Regel nicht völlig frei beim Festlegen von Personalreglementen und Löhnen: In Institutionen wo die Gemeinde die Trägerin ist, sind die Arbeitsbedingungen für das Personal  gemäss den Bedingungen der Gemeinde festgelegt. Es gibt Kantone, die Vorschriften bezüglich Personalreglemente  machen. Zudem existieren GAV aus anderen Branchen, welche die Institutionen tangieren (z.B. den Gesamtarbeitsvertrages im Gastgewerbe). Trägerschaften haben bezüglich Arbeitsbedingungen also nicht vollständig freie Hand. Dies ergibt eine sehr heterogene Landschaft, was die Arbeitsbedingungen betrifft.

In der Romandie ist die Situation übersichtlicher, denn in fast allen Kantonen existieren kantonale GAV. Die beteiligten kantonalen Kollektivmitglieder von ARTISET sind mit ihren GAV generell zufrieden.

Inhalte von GAV

Ein GAV enthält normative Bestimmungen, insbesondere zu Löhnen, Ferien, Arbeitszeiten, Sozialversicherungsleistungen, Entschädigungen, Weiterbildungen, Sozialplänen. Wie umfassend diese Bestimmungen sind, wird jedoch durch die Vertragspartner bestimmt.

Weiter enthält der GAV auch sogenannte schuldrechtliche Bestimmungen. Diese legen die Regeln fest, nach denen der GAV umgesetzt wird – so z.B. den Umgang mit Unklarheiten und Auslegungsfragen, die Dauer und die Kündigungsbestimmungen, die Bestimmung von innerbetrieblichen Personalvertretungen, die Finanzierung der Umsetzungskosten usw.

Formen von GAV

Es gibt verschiedene Formen wie ein GAV ausgestaltet sein kann:

  • Betriebs-GAV
    werden zwischen einer einzelnen Betriebsleitung und den Personalverbänden vereinbart (Beispiel Stadt Luzern).
     
  • Branchen-GAV
    Das sind Verträge, die zwischen Arbeitgeberverbänden und Personalverbänden ausgehandelt werden.
     
  • Allgemeinverbindlicher Branchen-GAV
    Branchen-GAV können unter bestimmten Voraussetzungen in einem Kanton oder auf Bundesebene für allgemeinverbindlich erklärt werden. Sie kommen dann in allen Betrieben der Branche zur Anwendung, unabhängig davon, ob diese Betriebe den GAV unterzeichnet haben oder nicht. Damit kann erreicht werden, dass sich alle Betriebe an die vereinbarten Löhne und Arbeitsbedingungen halten müssen (z.B. L-GAV Gastro).
     
  • Rahmenvereinbarungen
    Verbände können Rahmenvereinbarungen treffen. Zum Beispiel können die Verbände einen GAV aushandeln, der nur für jene Betriebe Geltung hat, die sich dem Vertrag explizit anschliessen. Ebenfalls denkbar ist auch ein nationaler Rahmenvertrag, mit dem GAV-Eckwerte vereinbart werden (eine Art Muster-GAV). Die eigentlichen Verträge können dann in den Kantonen ausgehandelt und unterzeichnet werden.

Vor- und Nachteile von GAV

Vorteile

  • Sie schaffen einheitliche Vorgaben für die Arbeitsverträge und entlasten damit die einzelnen Betriebe von dieser Aufgabe.
  • GAV legen Mindeststandards fest, die einen Schutz vor unfairen Arbeitgebern gewähren. Besonders gut ist dieser Schutz bei einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Mindeststandards tragen dazu bei, die Qualität der Dienstleistungen und die Reputation der Branche zu schützen, wenn dies nicht durch Vorgaben der öffentlichen Hand geregelt ist.
  • GAV schaffen gegenüber den Finanzierern von öffentlichen Diensten Klarheit und Transparenz betreffend den Kosten.
  • Freiwillige GAV können die Betriebe als vorbildliche Arbeitgeber ausweisen. Das kann bei der Personalrekrutierung von Vorteil sein.
  • Wenn GAV über verschiedene Versorgungsbereiche hinweg gültig sind, können die Pflegeinstitutionen das Image ablegen, dass sie schlechtere Arbeitsbedingungen bieten.
  • Bei Unstimmigkeiten bilden sie die Basis einer Auslegungs- und Konfliktkultur, auf welche die einzelnen Betriebe zurückgreifen können.
  • GAV bieten eine Basis, um bei anstehenden Fragen frühzeitig mit den Sozialpartnern Lösungen zu suchen.

Nachteile

  • der Spielraum der Arbeitgeber bei der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen wird eingeschränkt.
  • Arbeitsbedingungen müssen immer wieder mit den beteiligten Personalverbänden diskutiert werden.
  • Änderungen, z.B. neue Personalkategorien, müssen mit allen Partnern ausgehandelt werden.
  • Wenn die Mindeststandards der GAV tiefer angesetzt werden, als einzelne Institutionen dies tun, kann dies dazu führen, dass die Standards nach unten korrigiert werden.
  • Wenn bessere Arbeitsbedingungen angeboten werden als im GAV festgehalten sind, können Argumentationen gegenüber Finanzierern schwieriger werden.
  • Die Verhandlungen müssen mit mehreren Berufs- und Personalverbänden geführt werden.

Informationen zum L-GAV Gastgewerbe

Bestehende GAV im Bereich Alters- und Pflegeinstitutionen

Dedica Gruppe Bern

Genf

Neuenburg

Tessin

Viva Luzern AG

Waadt

Vorgaben AVALEMS Wallis

Bestehende GAV im Bereich Kinder- und Behinderteninstitutionen