POLITISCHE FEDER | Strategien für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderungen

17.06.2025 Tschoff Löw

Der Ständerat debattiert in diesen Tagen über ein wichtiges Thema: eine ganzheitliche Sicht auf Betreuung und Wohnen von betagten Menschen und Menschen mit Behinderungen. Einmal mehr stellt sich die Frage: Gelingt es der Politik, das Korsett des Tagesgeschäfts zu überwinden und in die Zukunft blickend zu gestalten?

Dass wir heute noch stark in den Kategorien Behinderung oder Alter sowie ambulant und stationär denken und Gesundheits- und Sozialpolitik nicht zusammenführen, hängt massgeblich mit den bestehenden Finanzierungssystemen und den daraus bedingten Abgrenzungen zusammen. Die Trennung von Unterstützungs- oder Assistenzleistungen in ambulante und stationäre Leistungen ist vornehmlich einer Finanzierungslogik geschuldet und entspricht keiner durchgängigen, auf die Bedürfnisse der betroffenen Personen ausgerichteten Leistungspalette.

«Die Trennung von Unterstützungsleistungen in ambulante und stationäre Leistungen ist vor allem einer  Finanzierungslogik geschuldet.» Tschoff Löw, Leiter Politik von ARTISET

Im Fokus stehen heute die Stärkung der Selbstbestimmung respektive die Aufrechterhaltung der Autonomie und die Anpassung von Unterstützungsleistungen unabhängig von Kriterien wie Alter oder Behinderung. Wir befinden uns in einer Übergangszeit. Das Jahrzehnte lang gültige Verständnis von fremdbestimmter Unterstützung ist im Wandel begriffen: vom allumfassenden Fürsorgeprinzip hin zu einer partizipativen, bedürfnisorientierten Begleitung von Menschen, mit dem Ziel einer möglichst autonomen Lebensführung.

Der Bundesrat zeigt sich für gewöhnlich nicht erfreut über Vorstösse, die die Ausprägungen der heutigen Sozial- oder Gesundheitspolitik infrage stellen. Die in der Regel ablehnende Haltung des Bundesrats setzt sich zusammen aus dem Verweis auf bereits laufende Arbeiten und die bestehende Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen. Eigentliche Partycrasher. Doch allzu lange funktioniert diese Haltung nicht mehr. Denn zu dringend sind die anstehenden Probleme, um diese mit der gängigen Taktik des «Pflästerlens» lösen zu können.

Der Ständerat hat es in der Hand, nachdem der Nationalrat grünes Licht gegeben hat, dem Bundesrat den Auftrag zu erteilen, Strategien für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderungen zu entwickeln.

Foto: Elisabeth Seifert