QUALITÄT ERZIELEN | Den Messwerten Sinn verleihen
 
						
					
					
					
				Wie lässt sich die Qualität der Langzeitpflege über gute Absichten hinaus verbessern? Die Antwort liegt in verlässlichen und gemeinsam genutzten Daten. Darauf setzt das nationale Programm NIP-Q-Upgrade, an dem sich das Gesundheitsnetz Saane in einer seiner Pflegeinstitutionen beteiligt hat. Rückblick auf ein Pilotprojekt, das es ermöglichte, Zahlen sinnvoll zu nutzen und einen Dialog über die Qualität der Pflege anzustossen.
Seit einigen Jahren müssen Schweizer Alters- und Pflegeheime Daten zu mehreren Schlüsselaspekten der Pflegequalität erheben und weitergeben – etwa zu Schmerzen, Mangelernährung, bewegungseinschränkenden Massnahmen und Polymedikation. Diese auf nationaler Ebene zentralisierten Informationen sollen die Entwicklung der Pflegepraktiken nachvollziehbar machen und die Transparenz fördern. Die Eidgenössische Qualitätskommission (EQK), die den Bundesrat bei der Qualitätsentwicklung in der medizinischen Leistungserbringung unterstützt, hat das Nationale Implementierungsprogramm – Qualität der Langzeitpflege in Alters- und Pflegeheimen (NIP-Q-Upgrade) lanciert und finanziert, um die Pflegeinstitutionen in diesem Prozess zu begleiten (siehe dazu auch Seite 10).
Bessere Messung – bessere Qualität
Die Verbesserung der Qualität in der stationären Langzeitpflege bleibt ein weithin anerkanntes Ziel. Allerdings müssen solide Daten vorliegen, um die entsprechenden Bemühungen gezielt zu lenken. Genau dafür sorgt das Programm NIP-Q-Upgrade. Im Oktober 2024 wurde das Gesundheitsnetz Saane auf Initiative von Mitgliedern des Programms sowie der AFISA-VFAS (Vereinigung Freiburger Alterseinrichtungen und Spitex) angefragt, sich dem Projekt anzuschliessen. «Wir sahen darin eine gute Gelegenheit, die Qualitätsindikatoren in unserer klinischen Realität zu testen und uns einen Vorsprung zu verschaffen», erzählt Justine Wicht, Verantwortliche der Kompetenz- und Qualitätsabteilung des Gesundheitsnetzes Saane.
Das Gesundheitsnetz für den Bezirk Saane im Kanton Fribourg umfasst unter anderem einen Spitex-Dienst sowie zwölf Pflegeinstitutionen, darunter das «Home médicalisé de la Sarine» in Villars-sur-Glâne. Dort wurde das Pilotprojekt zunächst bewusst nur in einer einzelnen Abteilung durchgeführt. Das Pilotprojekt liess den Teams viel Freiheit, den passenden Kontext zu wählen und im eigenen Tempo voranzukommen. Das Team startete im Januar 2025.
Zahlen verlässlich machen und verstehen
Das Pilotprojekt erfolgte in zwei grossen Schritten. Der erste bestand darin, die Datenqualität zu verbessern. Caroline Gachet wurde im Vorfeld von NIP-Q-Upgrade geschult und begleitete die Teams anschliessend vor Ort: Informationen korrekt erfassen, Praktiken vereinheitlichen und sicherstellen, dass alle Daten die klinische Realität korrekt widerspiegeln. «Wie für viele Pflegeinstitutionen war dies auch für uns neu», erklärt Caroline Gachet, Pflegeexpertin APN in der Kompetenz- und Qualitätsabteilung des Gesundheitsnetzes Saane, die sich aktiv an den Schulungen beteiligte. «Die Teilnahme an diesem Pilotprojekt hat uns ermöglicht, auszuprobieren und zu lernen, wie wir unsere Daten verlässlich machen können und uns so einen Vorsprung zu verschaffen.» Um diese Arbeit zu unterstützen, stellte NIP-Q-Upgrade eine Toolbox zur Verfügung. Dabei handelt es sich um Schulungsmaterial, das von Expertinnen und Experten validiert worden ist, um praktische Empfehlungen sowie um Methoden zur Begleitung der Teams und zur Überprüfung der Datenkonsistenz. Diese erste Phase schuf eine solide Informationsgrundlage für den weiteren Verlauf.
In einem zweiten Schritt erfolgte die Umsetzung anhand der validierten Daten. Die Teams lernten, ihre eigenen Ergebnisse zu analysieren, mit der klinischen Realität abzugleichen und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten zu ermitteln. «Die Statistiken stammen vom Bundesamt für Gesundheit, aber wir wollten sie mit unserem Alltag verknüpfen», betont Justine Wicht. «Diese Arbeit war sehr wertvoll, denn sie hat uns ermöglicht, nationale Zahlen in konkrete Handlungshebel umzuwandeln, die auf unseren Kontext zugeschnitten sind. Das stiftet mehr Sinn und macht das Vorgehen motivierender.»
Einen aussagekräftigen Indikator wählen
Für diese praktische Phase beschloss das Team, sich auf den Qualitätsindikator Polymedikation zu konzentrieren – ein Thema, das bereits Teil der medizinischen Überlegungen des «Home médicalisé de la Sarine» ist. «Nimmt ein Heimbewohner oder eine Heimbewohnerin innerhalb von sieben Tagen neun oder mehr Wirkstoffe ein, spricht man von Polymedikation», erklärt Caroline Gachet. Die bisherige Arbeit hat vor allem dazu beigetragen, eine solide Grundlage zu schaffen: sicherzustellen, dass alle die Wirkstoffe auf die gleiche Weise zählen, Fehler zu vermeiden, die die Daten verfälschen könnten, und den Messwerten wieder mehr Sinn zu verleihen. Das Team ist noch nicht dabei, Therapien anzupassen. Dies erfordert einen intensiven Dialog mit Ärztinnen und Ärzten, Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Angehörigen. Das Pflegeheim verfügt aber nun über verlässliche Daten, um diese Diskussionen später auf einer klinisch fundierten Grundlage zu führen.
Ergebnisse über die Pilotabteilung hinaus
Im Juni 2025 endete die Pilotphase. Das Pflegeheim verfügt nun über eine bessere Datenqualität, ein strukturiertes Vorgehen und Teams, die für die Verwendung von Indikatoren sensibilisiert sind. Der Erfolg überzeugte die Geschäftsleitung, den Ansatz schrittweise über die Pilotabteilung hinaus auszuweiten. Die Mitarbeitenden haben zudem erkannt, dass jede einzelne Person auf ihrer Ebene zur Verlässlichkeit der Daten und damit zur Qualität der Pflege beiträgt. Der nächste Schritt: Die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner und ihre Angehörigen sollen künftig stärker in diese Überlegungen einbezogen werden, sobald die methodischen Grundlagen solide gelegt sind.
Qualitätskultur etabliert sich
Dieses Pilotprojekt zeigt, wie konsequente Datenarbeit einen mitunter abstrakten Qualitätsansatz in konkrete Massnahmen umwandeln kann. Sein Erfolg beruhte vor allem auf der geduldigen Arbeit vor Ort und auf der Unterstützung der Teams des «Home médicalisé de la Sarine». «Ohne das Engagement des Teams hätten wir die Ergebnisse nicht erreichen können», sagt Justine Wicht. Es wurde auch viel Aufklärungsarbeit geleistet. «Es war entscheidend, dass alle verstehen, wie die eigenen Eingaben die Qualität der Daten und damit letztlich auch die Qualität der Pflege beeinflussen können», unterstreicht Caroline Gachet.
Ein echter Mehrwert war zudem die Begleitung durch das NIP-Q-Upgrade-Team. «Die Teilnahme an diesem Projekt ermöglichte uns, eine Qualitätsvision für das gesamte Heim zu entwickeln und die Grundlagen für ein nachhaltiges Vorgehen zu schaffen. Wir sehen das sehr positiv: Dieses Projekt hat uns den Einstieg erleichtert, um eine echte Qualitätskultur aufzubauen», betonen sie. Dank des kollektiven Engagements und der institutionellen Unterstützung hat sich der Ansatz im Heim verankert und wird nun schrittweise auf andere Abteilungen ausgeweitet. Er markiert einen Wendepunkt: Qualität ist konkrete Arbeit. Sie entsteht in der Praxis und beruht vor allem auf dem Engagement der Teams.
  
Das Gesundheitsnetz Saane
Beim Réseau Santé de la Santé Sarine respektive dem Gesundheitsnetz Saane handelt es sich um einen wichtigen Akteur in der lokalen Gesundheitsversorgung des Bezirks Saane im Kanton Fribourg. Das Gesundheitsnetz umfasst ein breites Angebot, dazu gehören ein Spitex-Dienst sowie 12 Institutionen der Langzeitpflege in der Stadt Fribourg und den umliegenden Gemeinden (Marly, Givisiez, Villars-sur-Glâne, Le Mouret, Farvagny und Cottens). Eines davon ist das «Home médicalisé de la Sarine» in Villars-sur-Glâne, wo 72 Bewohnerinnen und Bewohner leben. Das Angebot der Institutionen umfasst zum Teil auch Tageszentren, die Möglichkeit für Kurzaufenthalte sowie spezialisierte Demenzstationen.