POLITISCHE FEDER | Es braucht ein Bekenntnis zu einer inklusiven Schweiz
Die Inklusions-Initiative, welche die effektive Gleichstellung, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz Für Menschen mit Behinderungen fordert, wurde am 5. September 2024 eingereicht und ist mit 107 910 gültigen Stimmen offiziell zustande gekommen. Ein ambitiöses, aber nachvollziehbares und opportunes Projekt, welches den Bundesrat und das nationale Parlament von Beginn weg stark herausgefordert hat.
Mit seiner im Juni 2025 bekannt gegebenen Ablehnung der Initiative hat der Bundesrat für breite Enttäuschung bei den Betroffenen gesorgt. Unsere Regierung unterstützt zwar grundsätzlich das Inklusionsanliegen, bleibt aber bei den vorgeschlagenen Instrumenten und Massnahmen doch ziemlich vage und mutlos. Das Paket inhaltlich aufzuschnüren, kann durchaus Sinn machen. Dies aber nur dann, wenn das Spektrum wirklich die Elemente Wohnen, Bildung und Arbeit beinhaltet.
«Das selbstbestimmte Leben muss breiter gefördert und sichergestellt werden. Das ist nicht ein Wunsch, sondern ein Menschenrecht.»
Das selbstbestimmte Leben muss breiter gefördert und sichergestellt werden. Hier sprechen wir nicht von einem Wunsch oder Begehren, sondern ganz klar von einem Menschenrecht. Vom Bundesrat erwarte ich ein Bekenntnis zu einer inklusiven Schweiz. Natürlich ist dies ein Prozess, den wir gemeinsam als Gesellschaft gestalten müssen und können. Der Bund, die Kantone und Gemeinden sind dazu aufgefordert, sich in die Entwicklung und Diskussionen aktiv und kreativ einzubringen. Ja, es wird viel Sensibilisierung und zahlreiche Gespräche benötigen.
So wird das sicher nichts, das ist meine Bilanz des ersten Schrittes. Als irritierend empfinde ich die Tatsache, dass es den Verantwortlichen offensichtlich nicht gelungen ist, genügend Empathie und Kompetenz für das Leben mit einer Beeinträchtigung einfliessen zu lassen. Es geht hier eben ganz spezifisch nicht einfach um Fälle, Zahlen oder Kosten.
Dennoch glaube ich an die Chance, dass etwas bedeutend Besseres entstehen kann, wenn beim indirekten Gegenvorschlag / Inklusionsrahmengesetz und der IV-Revision zielgerichtet beraten und vorwärtsorientiert gedacht wird. Wichtig erscheint mir dabei, dass nicht Fälle und Situationen gegeneinander ausgespielt werden, sondern der Mehrwert für viele im Auge behalten bleibt.
Christian Lohr ist Mitte-Nationalrat auf dem Kantone Thurgau