Mit dem «Flexpool» Personalressourcen im Betrieb schaffen

21.12.2025 Camilla Landbø

Das Alters- und Pflegezentrum Kirchfeld in Horw LU setzt auf eine Arbeitskultur, die eine hohe Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben anstrebt. Dazu gehört auch das Arbeitsmodell Flexpool: Mitarbeitende, die dem Pool angehören, dürfen wählen, wann und wie oft sie einen Einsatz übernehmen.

Das Alters- und Pflegezentrum Kirchfeld liegt auf einer Anhöhe über der Gemeinde Horw mit Blick auf Pilatus und Rigi. Es ist ein ruhiger Ort im Grünen, und doch auch sehr nah bei der Stadt Luzern. Hier leben rund 160 Senioren und Seniorinnen auf verschiedenen Abteilungen; in zwei grossen Pflegeabteilungen, im betreuten Wohnen oder in der Demenzabteilung. Im «Kirchfeld» arbeiten insgesamt 250 Menschen – ungefähr ein Sechstel davon im Flexpool. Flexpool ist eine Personalreserve auf Abruf, die – wie der Name andeutet – Mitarbeitenden eine grosse Flexibilität verspricht: Personen aus der Pflege und der Hotellerie, die dem Pool angehören, können frei wählen, wie oft und wann sie arbeiten. Entlohnt werden sie im Stundenansatz. Mit diesem Modell der flexiblen Arbeit soll die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben besonders gefördert werden. Im «Kirchfeld» existiert der Flexpool seit über einem Jahr.

Einteilung in allen Wohngruppen

Bald mehr als ein Jahr ist es her, seit Archielyn Bucher dem Flexpool beigetreten ist. Heute ist die 41-Jährige aus Wolhusen sowohl als Festangestellte wie auch als Flexpool-Mitarbeitende im «Kirchfeld« tätig. Bis es aber so weit kam, begab sie sich erst auf eine Reise über die luzernische Kantonsgrenze hinaus in verschiedene Pflegeinstitutionen. «Ich brauchte einen Wechsel», sagt die vierfache Mutter, «17 Jahre habe ich in Wolhusen, wo ich auch lebe, in einem Altersheim gearbeitet.» Über eine Plattform, die Pflegefachkräfte vermittelt, sei sie erst anderthalb Jahre in verschiedene Altersund Pflegeheime auf Abruf arbeiten gegangen. «Bis ich angefragt wurde, ob ich im ‹Kirchfeld› in den Flexpool wolle.» Sie ging schnuppern. «Es gefiel mir sofort», sagt die aufgestellte Pflegefachkraft, «also fing ich letzten Januar im Flexpool an.» Seither hatte sie einige Einsätze als flexible Mitarbeiterin, mal auf der Demenzabteilung, mal in der betreuten Wohngruppe, mal tagsüber, mal als Nachtwache. Abwechslungsreich, so wie sie es schätzt. Eine Abmachung mit den Pool-Mitarbeitenden ist, dass sie zwar Tag und Zeit wählen können, aber bereit sein müssen, sich in allen Wohn- und Arbeitsgruppen einteilen zu lassen.

«Für mich als Mutter ist das ein grosser Vorteil, dass ich aussuchen kann, wann ich arbeite», betont Bucher, deren Kinder zwischen 5 und 12 Jahre alt sind. Sie bevorzuge die Nachtwache oder den Frühdienst, der bis rund 17 Uhr dauert. Was dagegen nachteiliger ist: «Wenn man nicht nur für einen finanziellen Zustupf arbeitet, sondern aufs Geld angewiesen ist, kann es ein bisschen stressig werden, weil man in kürzester Zeit auf die Einsatzanfragen reagieren muss.» Die zu besetzenden Einsätze – ob spontan wegen Krankheit oder mit Vorausplanung wegen ferienbedingter Ausfälle – werden in einen Gruppenchat geschrieben. Wer zuerst antwortet, dem gehört der Auftrag. Für Bucher kam rasch eine Wendung: «Dadurch, dass ich im Flexpool startete, konnte ich in den Betrieb hineinschauen und damit feststellen, dass ich hier sehr gerne angestellt wäre», so die diplomierte Pflegefachfrau. Dies teilte sie der Leitung des «Kirchfelds» mit. Diese stellte sie ab Juni mit einem 70-Prozent-Pensum fest an. «Ich bleibe dennoch dem Flexpool erhalten, um hie und da einen zusätzlichen Einsatz zu übernehmen», so Bucher, «das ist für mich finanziell attraktiv.»

Mitarbeitende von 18 bis 70 im Flexpool

Sie ist kein Einzelfall, weiss Marco Müller, der seit sieben Jahren Geschäftsführer des Pflegezentrums Kirchfeld ist. Auch andere Festangestellte, so der 45-Jährige, seien zusätzlich im Flexpool, weil sie neben ihrem fixen Pensum bei zeitlicher Kapazität etwas dazuverdienen können. Die Gründe für eine Mitarbeit im Pool seien jedoch sehr unterschiedlich. «Die Menschen, die darin arbeiten, sind zwischen achtzehn und siebzig Jahre alt.» Nebst den Pflegefachpersonen seien da ebenso Pflegehelfende mit SRK-Ausbildung oder Medizinstudierende sowie Mitarbeitende der Hotellerie tätig. «Dann gibt es auch solche, die bereits eine feste Stelle anderswo haben, die es aber spannend finden, in zwei Betrieben zu arbeiten.» Weiter gehören Pensionierte dem Pool an: «Viele freuen sich, wenn sie weiterhin eine Aufgabe haben und etwas hinzuverdienen.»

Simun Karacic kann das nur bestätigen. Seit März ist er im Flexpool tätig. Zuvor arbeitete der Fachmann Betreuung 33 Jahre lang im «Kirchfeld» – immer zu 100 Prozent. Heute helfe er gerne bei der Betreuung seiner Enkel, so der 63-jährige Frühpensionär. «Für mich ist der Flexpool ideal: Ich kann meine Einsätze komplett frei wählen, arbeite oft drei bis fünf Nächte am Stück und habe danach mehrere Tage wieder frei.» Dadurch, dass Karacic nicht mehr im Arbeitsleben und damit nicht mehr auf ein garantiertes Einkommen angewiesen ist, «sind diese einzelnen, gut bezahlten Einsätze für mich ein Vorgeschmack des Paradieses».

Eine Alternative zu Temporärarbeitenden

Fachkräftemangel: Hat deswegen das Pflegezentrum das Arbeitsmodell Flexpool eingeführt? Jein, sagt Marco Müller: «Das Thema Vereinbarkeit liegt dem ‹Kirchfeld› grundsätzlich sehr am Herzen.» Vor fünf Jahren seien die Ziele des Pflegezentrums fürs Jahr 2030 definiert worden. «Ein Punkt war: Wir wollen ein generationenübergreifender Ort sein.

Ein weiterer Punkt, dass wir unseren Mitarbeitern eine möglichst hohe Vereinbarkeit bieten möchten.» Einiges wurde bereits umgesetzt: Nebst dem Flexpool und anderen Arbeitszeitmodellen finden sich seit Sommer 2024 eine Kita und zwei Kindergärten auf dem Areal, beide extern betrieben und für die «Kirchfeld»-Mitarbeitenden angepasst an den Dienstplan. Aber es ist klar, den Fachkräftemangel bekommt auch das «Kirchfeld» in Horw zu spüren. «Dennoch wollen wir als Arbeitergeber nicht nur zu Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv sein.» Und Müller fügt an: «In der Pflege sind zwischen achtzig und neunzig Prozent Frauen tätig. Wir sind als Arbeitgeber gut beraten, besonders auf die Bedürfnisse der Frauen einzugehen.» Das Engagement der Pflegeinstitution wurde anerkannt: Ende 2024 erhielt sie das Zertifikat der Fachstelle «UND», die damit Betriebe für ihre gute Vereinbarkeit auszeichnet.

Welches sind die Vorteile des Flexpools für den Betrieb selbst? Müller nennt einige: flexible Personalressourcen, sprich, wenn man Personal braucht, kann man darauf zurückgreifen, wenn nicht, hat man keine Lohnkosten, die anfallen. Weiter kommt man über den Flexpool an neue Festangestellte, wie bei Archielyn Bucher. Und: Flexpool ist eine gute Alternative zu Temporärarbeitenden, die sich dem Unternehmen oft weniger verbunden fühlen. Flexpool-Mitarbeiter können zwischen 10 und 80 Prozent im Monat arbeiten, wünschenswert sind mindestens zwei bis drei Einsätze pro Monat. Zurzeit gibt es rund 40 Mitarbeitende im Pool, die einen Flexvertrag unterschrieben haben. Der ganze Aufwand in der Rekrutierung, Einführung und Begleitung dieser Mitarbeitenden ist sehr gross, merkt Müller an, um auch die Kehrseite aufzuzeigen.

Häufiger Wechsel von Pflegenden

Eine weitere Kehrseite von Flexpool mag der häufige Wechsel der Pflegenden für die Bewohnerinnen und Bewohner sein. Das beschäftigt Archielyn Bucher. «Ja, das ist so, man kann durch die punktuellen Einsätze kaum eine Beziehung zu den Bewohnenden aufbauen», sagt die Pflegefachfrau. Ausserdem müsse man in kürzester Zeit die wichtigen Informationen zu jedem Bewohner zusammentragen, und das Namenmerken sei eine weitere Schwierigkeit. «Dazu kommt: Nach drei Wochen hast du wieder mal einen Einsatz, und fünf Personen sind verstorben, dafür fünf neue eingetreten. Und du fängst wieder von vorne an.»

Das sei ein Thema, das man nicht ignorieren könne, räumt auch Geschäftsführer Marco Müller ein. «Aber am Ende des Tages macht es die Mischung aus: Mehr als ein Drittel unserer 200 Festangestellten sind seit zehn Jahren oder länger im Betrieb und kennen die Bewohnenden.» Trotzdem weiss er, dass sich die Menschen im Alterszentrum mit dem häufig wechselnden Personal manchmal schwer tun. Die Realität ist aber auch, dass ein Fachkräftemangel herrscht. Die Frage ist also: Wenn man als Bewohner klingelt, möchte man lieber, dass immer sofort jemand kommt – oder dass es immer die gleichen Pflegenden sind, man aber auf die Betreuung warten muss? «Dank Flexpool», so Müller, «haben wir für jede Bewohnerin und jeden Bewohner mehr Zeit.»

Archielyn Bucher erinnert sich: «Ich habe Pflegeheime gesehen, in denen kein Flexpool existiert. Wenn krankheitshalber mehrere Fachkräfte ausfallen, kommen alle ans Limit, vor allem wenn sich die Festangestellten – nebst der Arbeit, die sie sowieso schon machen – noch gegenseitig ersetzen müssen.» Darüber hinaus: Die Überstunden, die daraus resultieren, seien kaum abbaubar. Andere Institutionen, die in der Schweiz Flexpool anbieten, sind etwa Solviva Care und Domicil in Bern.

Marco Müller zieht eine positive Bilanz nach der ersten Phase: «Wir fahren auf jeden Fall damit weiter. Bevor wir Flexpool einführten, mussten wir auf teure temporäre, externe Mitarbeitende zurückgreifen. Jetzt haben wir mit Flexpool interne, eigene flexible Personalressourcen.»

 


 

Foto: Kirchfeld