POLITISCHE FEDER | Stimmrecht für alle!

21.12.2025 Maud Theler

Im Jahr 2023 bestand eine der Forderungen der ersten Behindertensession darin, dass der Entzug des Stimm- und Wahlrechts von Personen, die unter umfassender Beistandschaft stehen, aufgehoben wird. Im September haben erfreulicherweise beide Räte eine Motion zur Beseitigung dieser Ungleichheit angenommen. Endlich sind Fortschritte zu erkennen!

Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert für Menschen mit Behinderungen dieselben Rechte wie für Menschen ohne Behinderung. Das Recht auf politische Meinungsäusserung ist ein Grundrecht, das die Schweiz – ausser in einigen Kantonen – auch im Jahr 2025 noch mit Füssen tritt, obwohl sie die UN-BRK 2014 ratifiziert hat.

«Wenn ein Mensch mit Behinderung über ein ausreichend grosses Netzwerk verfügt, um gewählt zu werden, hat er seinen berechtigten Platz.»

Nun könnte man einwenden, dass Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, auch nicht abstimmen können. Dem entgegne ich, dass Menschen auch dann eine politische Meinung haben können, wenn sie im Alltag Unterstützung benötigen. Dadurch, dass alle ihre Meinung äussern dürfen, wird das politische Gleichgewicht nicht ins Wanken geraten. Personen unter umfassender Beistandschaft sind nicht alle rechts oder links! Und falls die Befürchtung besteht, dass diese Menschen beeinflusst werden oder ihre Angehörigen für sie wählen: Wer hat sich nicht schon mit der Familie ausgetauscht, um zu entscheiden, wen man wählt? Ausserdem: Werden wir nicht alle von Kampagnen, unserem Freundeskreis und unserem beruflichen Umfeld beeinflusst?

Blinde können ihren Stimmzettel aktuell nicht alleine ausfüllen. Trotzdem denken wir – glücklicherweise – nicht darüber nach, ihnen das Stimmrecht zu entziehen!

Und schliesslich: Für andere zu wählen ist strafbar. In einem solchen Fall sollte man die Betrüger bestrafen, anstatt Personen mit Behinderung zu benachteiligen, nur weil andere Personen böswillige Absichten hegen könnten.

Keine Sorge: Auch wenn alle kandidieren dürfen, heisst das noch lange nicht, dass sie auch gewählt werden. Um gewählt zu werden, muss man integriert sein und über ein Netzwerk verfügen. Wenn ein Mensch mit Behinderung also über ein ausreichend grosses Netzwerk verfügt, um gewählt zu werden, hat er wie jede und jeder andere auch seinen berechtigten Platz.

 

Maud Theler ist SP Grossrätin im Kanton Wallis


 

Foto: Franziska Werren