POLITISCHE FEDER | Die Pflege stärken - mit Realitätssinn

Die zweite Etappe der Pflegeinitiative ist entscheidend für die Zukunft der Pflege in der Schweiz. Mit seinem Entwurf zum neuen Bundesgesetz über die Arbeitsbedingungen in der Pflege hat der Bundesrat seine Ideen vorgelegt – doch schon in der Theorie werfen sie Fragen auf, in der Umsetzung drohen erhebliche Schwierigkeiten. Als ARTISET/CURAVIVA setzen wir uns für attraktive Arbeitsbedingungen ein – doch diese müssen tatsächlich eine Verbesserung bringen, realistisch umsetzbar und gesichert finanziert sein.
Pflegearbeit muss aufgewertet werden, darüber besteht in der Gesellschaft Konsens. Die geplanten Vorgaben – etwa zur Arbeitszeit oder zu Zuschlägen – erhöhen den Personalbedarf und reduzieren den betrieblichen Spielraum. In Pflegeheimen arbeiten jedoch nicht nur Pflegefachpersonen, und unterschiedliche Regeln für verschiedene Berufsgruppen im selben Betrieb schaffen Ungleichheiten und sorgen für Spannungen. In einer Branche, die heute schon unter akutem Fachkräftemangel leidet, sind solche Vorgaben kontraproduktiv. Statt einer Entlastung droht eine Mehrbelastung des bestehenden Personals.
Zudem bleibt offen, wie die erheblichen Mehrkosten gedeckt werden sollen. Ohne klare und verbindliche Finanzierung droht in der Langzeitpflege ein Abbau von Pflegeplätzen – mit gravierenden Folgen für die Versorgungssicherheit. Eine politische Initiative, die das Gegenteil von dem bewirkt, was sie bezweckt, ist nicht zielführend.
«Die zweite Etappe der Pflegeinitiative muss ein gemeinsamer Schritt sein hin zu nachhaltigen und finanzierbaren Lösungen – zum Wohl der Pflegebedürftigen, der Mitarbeitenden und unserer ganzen Gesellschaft.»
Wir fordern deshalb mehr betrieblichen Spielraum, weniger Bürokratie und vor allem eine gesicherte Finanzierung aller Massnahmen. Pflegeeinrichtungen brauchen die Möglichkeit, flexibel auf die unterschiedlichen Lebensrealitäten ihrer Mitarbeitenden einzugehen. Regeln aus Bundesbern helfen nicht weiter, wenn sie an der Realität der Pflegebetriebe vorbeigehen.
Die zweite Etappe der Pflegeinitiative darf kein Bürokratie- oder Überforderungspaket werden. Sie muss ein gemeinsamer Schritt sein hin zu nachhaltigen, realitätsnahen und finanzierbaren Lösungen – zum Wohl der Pflegebedürftigen, der Mitarbeitenden und unserer ganzen Gesellschaft.
Christina Zweifel ist Geschäftsführerin von CURAVIVA und Mitglied der ARTISETGeschäftsleitung.
Foto: esf